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Parodien >> Zwei Morgen, ein Entschluss und eine Veränderung

von: Selina

"Es ist 6 Uhr 30!" Die Stimme des Computers durchbrach die morgendlich Stille, gleich einem Kratzen der Kreide auf einer Schiefertafel. Ein Haufen von Kissen und Decken bewegte sich ein wenig und ein missmutiges Grummeln erklang aus den Tiefen desselben.
"Es ist 6 Uhr 30! Ihre Schicht beginnt in einer Stunde." wiederholte die Computerstimme hartnäckig. "Ja,ja, schon gut, schweig jetzt." erklang eine Stimme, gedämpft durch den Wirrwarr, der sich auf den zweiten Blick als bett zu identifizieren war. Doch es ist die Natur von Computern, sich nicht beirren zu lassen: "Es ist 6 Uhr 31!"
Ein Kissen flog durch den Raum und ein zerzauster Kopf erschien in dem Durcheinander. Kathryn Janeway, ihres Zeichens Captain der Voyager und selbsternanntes Vorbild der ganzen Crew punkto Disziplin und Moral, kroch wie ein kleines Tier im Frühling aus ihrer warmen Schlafhöhle. Gähnend setzte sie sich auf den Bettrand und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Vorsichtig streckte sie ihre Glieder und sah sich dabei in ihrem Quartier um. Was sie sah, liess ihre Stimmung in den Keller sacken und sie hätte sie am liebsten wieder ins Bett gelegt. Ihr Quartier glich verblüffend dem Innern von Neelix' Schiff, als sie ihn das erste Mal getroffen hatten. In einer Ecke lag ihre Uniform, schmutzige Kaffeetassen und Bücher stapelten sich auf dem niedrigen Tischchen in der Mitte des Raums, ihr Schreibtisch war mit PADD's übersät, kurzum es herrschte das nackte Chaos. Einmal mehr war sie am Vorabend völlig übermüdet ins Bett gefallen und ihre geplante Aufräumaktion auf den nächsten Tag verschoben. Missmutig erhob sie sich, sammelte einige Tassen und Bücher auf, steckte sie zwecks Recycling zurück in den Replikator, da fiel ihr Blick auf den Chronometer auf ihrem Schreibtisch und sie musste feststellen, dass sie ein geschlagene Viertelstunde mit diesem ersten Morgenfrust vertrödelt hatte. Schnurstracks begab sie sich ins Badezimmer und versucht sich darauf mit der Person im Spiegel anzufreunden. Der war der Schlafmangel deutlich anzusehen: Winzige Augen, umrandet von überdimensionalen Ringen, die ständig blinzelten. Trotzdem oder eher gerade deswegen begann sie ihre Morgentoilette. +Arme Crew, euer Captain wird heute schlechte Laune haben.+ dachte sie bei sich und verfluchte sich insgeheim selbst für die angeordnete, komplette Inspektion des Schiffs. Aber der Kahn hatte es bitter nötig, was der erwähnte Stapel PADD's auf ihrem Schreibtisch bewies. Ständig waren Berichte zu lesen, ständig fehlte irgendwo etwas. Bereits zum zweitenmal am heutigen Tage wäre sie am liebsten wieder zu Bett gegangen. Schließlich zog sie doch noch ihre Uniform an und begann ihr Haare hochzustecken. Ausgerechnet heute hatten diese beschlossen, ihr einen Strich durch die Rechnung bzw. ihre morgendliche Zeitplanung zu machen, denn sie ließen sich beim besten Willen nur mit viel Mühe und Zeit, sowie mit Unmengen von Haarfestiger bändigen. Als das Dutt endlich richtig saß, stellte sie fest , dass die Zeit gerade noch für einen hastig hinuntergeschütteten Kaffee reichte und das "ausgewogene Frühstück" einmal mehr daran glauben musste. Danach machte sie sich auf den Weg zur Brücke. Unterwegs zupfte sie einige Male an ein paar widerspenstigen Strähnen und ärgerte sich einmal mehr über ihr unmögliches Haar, dass bei jeder kleinen Turbulenz die Form verlor und ihr das Aussehen eines Wiedehopfs verlieh. Außerdem benötigten sie jeden Morgen die Zeit, die sie eigentlich lieber zum Schlafen verwendet hätte. Als der Turbolift hielt fasste sie einen Entschluss: Das Haar musste weg!


"Es ist 6 Uhr 45" Nach vier Jahren klang ihr die Stimme des Computers beinahe vertraut. Trotzdem weigerte sich Janeway einmal mehr, ihren Kokon aus Wärme zu verlassen.
"Es ist 6 Uhr 45" Der Computer, ein Beispiel an Sternenflottendisziplin mahnte zur Eile. Schließlich kroch Kathryn unter ihren Decken hervor und begrüßte mit einem Zwinkern den neuen Tag. Etwas fühlte sich ungewohnt leicht an. Vorsichtig strich sie mit ihrer rechten Hand über ihren Kopf. Gestern abend, nach ihrer Schicht, hatte sie für eine Stunde das Holodeck besucht, nachdem sie hätte feststellen müssen, dass kein Crewmitglied, nicht einmal der Doktor, mit der Kunst des Haareschneidens vertraut. Also hatte sie beschlossen sich in die fähigen Hände eines holographischen Figaros zu begeben. Als sie die Tür zum Holodeck öffnete fragte sie sich, wer in den letzten vier Jahren dem Rest der Crew die Haare geschnitten hatte. Kopfschüttelnd über diesen absurden Gedanken, betrat sie einen hellen, weiss eingerichteten Salon. In der Mitte erwartete sie der Meister höchstpersönlich mit offenen Armen. Und dann begann die Prozedur: Waschen mit gewöhnlichem Shampoo, mit dieser und jener Pflegespülung, Handtuchtrocknen. Schließlich saß sie mit feuchten Haaren vor einem Spiegel und der Friseur stellte die Frage, die immer dieselbe war und bleiben würde: "Nun, wie hätten sie's denn gern?"
Kathryn legte den Kopf ein wenig schief. "Kürzer."
Der Coiffure verdrehte die Augen: "Verlängern kann ich sie schlecht. Aber wie kurz?"
"Was denken sie?"
"Nun, ich denke wir folgen dem Trend und schneiden sie etwa auf fünf Zentimeter zurück. Etwa bis hier." Er hob seinen Zeigefinger auf ihre Augenhöhe.
"Kommt nicht in Frage."
"Wieso nicht?"
"Es gefällt mir nicht."
"Alle tragen die Haare so"
Kathryn fragte sich aus welchem Jahrhundert dieser Mann stammte, hielt aber ihren Mund.
"Das ist nun mal modern." Er wollte die Schere ansetzen.
"Lassen sie das!"
"Sie habe ja keinen Ahnung!"
"Mag sein, aber ich bezahle hier." Kathryn fiel ein, dass sie gar nicht bezahlte, außer für die Benutzung des Holodecks. "Hören sie, schneiden sie etwa auf Nasenhöhe."
"Wie sie meinen." Und er begann mit seinem Werk, unzufrieden und ständig "altmodisch und unmodern" murmelnd.

Sie stand auf zog sich an und betrachtet sich im Spiegel. Ja, die Frisur gefiel ihr. Schlicht, einfach und praktisch. Hoffte sie zumindest. Sie replizierte sich ihr Frühstück und begab sich auf den Weg zur Brücke.
Auf dem weg stellte sie sich die Reaktionen der Brückencrew vor: B'Elannas offener Mund, Tuvok's Augenbraue, Tom's und Harry's Grinsen und Chakotays Lächeln gepaart mit einem imaginären Kopfschütteln.
Beinahe wäre sie in ihr Quartier zurückgerannt.
Dann musste sie lachen. Hatte sie wirklich keine größeren Sorgen als ihre Frisur?
Der Turbolift öffnete sich.
"Guten Morgen allerseits!"
Sie durchquerte den Raum und nahm in ihrem Sessel Platz. Sie glaubte Harry's verwunderte Blicke in ihrem Rücken zu spüren. Tom hatte sich gar nicht umgedreht. Die anderen arbeiteten an ihren Konsolen. Alle waren offenbar beschäftigt. Kathryn wunderte sich , schaute sich um und zuckte mit den Schultern. Nach einer Weile wurde ihr die Stille unheimlich und sie begann auf ihrem Sessel herumzurutschen. Hatten sie tatsächlich ihr verändertes Aussehen nicht bemerkt oder traute sich niemand, etwas zu sagen?
Chakotay bemerkte ihre Unruhe und sah sie an: "Neue Frisur, Captain?"
"Ja"
"Steht ihnen gut."
"Danke, Commander"

-Ende-

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