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Parodien >> Kaffeedurst - schlimmer als Heimweh

von Eva

Wieso beschleicht mich das Gefühl, daß meine Crew sich in dieser ereignislosen Zeit, die weder durch ungebetene Gäste, geheimnisvolle Nebel noch durch das Auftauchen eines klitzekleinen, freundlichen Planeten unterbrochen wird, das Ziel gesetzt hat, mich so langsam in den Wahnsinn zu treiben?
B’Elanna bastelt hingebungsvoll an den Schiffssystemen herum, was zur Folge hat, daß die Crew ab und an mit ein paar Systemausfällen überrascht wird. Irgendwie habe ich den Verdacht, sie tut dies mit Absicht, damit ihre Leute im Maschinenraum nicht in Depressionen verfallen.
Tom und Harry spielen, wenn sie nicht gerade als Captain Proton und Co. unterwegs sind, über beide COM-Stationen ein Spiel aus dem 20. Jahrhundert, das sie Flipper nennen und von irgendwo aus der Schiffsdatenbank ausgegraben haben. Ihre jubelnden Aufschreie, bei dem, was immer sie tun, werden allerdings irgendwann mein Trommelfell platzen lassen.
Neelix serviert, entgegen meines ausdrücklichen Verbotes, seine neuesten Kochkreationen auf der Brücke, wobei mir nur zu hoffen bleibt, daß es nicht wieder einen unverhofften Massenandrang auf der Krankenstation gibt.
Und Seven und der Doktor? Sie haben sich zu einem musikalischen Duo zusammengeschlossen und lassen das gesamte Schiff über Interkom an ihren Darbietungen teilhaben. Mehrmals habe ich sie gebeten, ihre Aktivitäten auf ihren Bereich einzuschränken - aber, wer hört schon auf seinen Captain? Bis jetzt hat zum Glück noch niemand an Bord einen irreparablen Gehörschaden davongetragen.
Hilfe suchend schaue ich zu Chakotay. Aber so wie in seinen Sessel sitzt und leise fröhlich vor sich hin pfeift, hat es den Anschein, als wenn ihm dieses ganze Tobawu gefällt.
Der Einzige, der sich nicht von diesem ganzen Durcheinander beeinflussen läßt und seine hundertprozentige Aufmerksamkeit auf seine Station richtet, ist Tuvok. Da kann ich nur sagen: Hoch lebe die vulkanische Disziplin.

Was gäbe ich jetzt für ein wenig Abwechslung. Eine kleine Weltraumschlacht, ein paar neue Energiequellen für meinen Kaffee - ist das denn wirklich zuviel verlangt?
Kaffee - das ist genau das, was ich jetzt brauche. Und ein paar ruhige Minuten in meinem Bereitschaftsraum - ohne die Jubelschreie von Tom und Harry und ohne Gesangseinlagen von Seven und dem Doktor, die momentan, wie es scheint, ihr Ende gefunden haben.

"Ich bin in meinem Bereitschaftsraum. Sie haben die Brücke, Chakotay."

Doch noch ehe ich mein Vorhaben wahr machen kann, verlangt eine ziemlich resolut klingende Stimme meine Aufmerksamkeit.

"Doktor an den Captain. Hätten Sie die Freundlichkeit, mich auf der Krankenstation zu besuchen?"

Oh, nein. Was habe ich denn nun schon wieder verbrochen? Meinen letzten Gesundheitscheck verpaßt, einen seiner Berichte nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet?
Ich schaue Chakotay an, in der Hoffnung von ihm zu erfahren, was ich schon wieder getan oder auch nicht getan habe. Das Lächeln, das seine Lippen umspielt und das freche Funkeln in seinen Augen zeigen mir, daß er ahnt, um was es geht. Aber kein Ton kommt über seine Lippen. Er hat wirklich vor, mich ins offene Messer laufen zu lassen. Und so etwas nennt sich Freund.
Also bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als selbst herauszufinden, warum ich auf die Krankenstation zitiert werde. Weshalb aber habe ich das Gefühl, daß mir das, was mich erwartet, gar nicht gefallen wird?
Ein Stoßgebet Richtung Brückendecke sendend, begebe ich mich auf den Weg zum Doktor.

*******

"Würden Sie das bitte noch einmal wiederholen, Doktor?"

Irgend etwas in seinen Ausführungen muß ich nicht mitbekommen haben.

"Also, Captain, noch einmal von vorn."

Sein Ton. Er gibt mir das Gefühl, Fähnrich und nicht Captain an Bord dieses Schiffes zu sein.

"Ich habe mir einmal die Mühe gemacht herauszufinden, wieviel Kaffee Sie täglich, hoch gerechnet auf sechs Jahre, bisher verbraucht haben. Ich würde sagen, Sie wären der gewinnbringendste Kunde eines Kaffeeplantagenbesitzers."

Hat er denn wirklich nichts anderes zu tun, als sich mit meinem Kaffeeverbrauch zu beschäftigen? Was geht das ihn überhaupt an?

"Was ich damit sagen will, Captain. Ihr Verbrauch ist einfach zu hoch. Sie sollten langsam dazu übergehen, die Vorzüge eines guten Tees kennenzulernen. Zumal dieser auch magenfreundlicher ist. Und somit nehme ich mir die Freiheit, Ihnen für die nächsten zwei Wochen ein absolutes Kaffeeverbot zu erteilen."

Das darf doch nicht wahr sein? Was bildet er sich überhaupt ein, so mir nichts dir nichts meinen Kaffee verbieten zu wollen? Er müßte doch langsam wissen, das ich diesen zum Leben brauche, wie die Luft zum Atmen. Keiner an Bord würde sich wagen, dazu auch nur einen Ton zu verlieren. Nun, außer Chakotay. Aber das ist etwas anderes.

"Doktor, Sie glauben doch nicht allen Ernstes, daß ich diese Anordnung für voll nehme? Wenn ja, träumen Sie weiter."

Für mich ist dieses Thema beendet. Ich möchte jetzt nur noch eins - in meinen Bereitschaftsraum und endlich meinen Kaffee trinken.

"Captain, ich habe es völlig ernst gemeint."

"Ich auch, Doktor. Und tun Sie mir einen Gefallen, mißbrauchen Sie das Interkom bitte nicht wieder für Ihre Gesangseinlagen. "

"Ich mache einen Logbucheintrag, wegen Mißachtung ärztlicher Verordnungen" höre ich ihn noch brüllen, ehe sich die Tür der Krankenstation hinter mir schließt. Muß er denn immer das letzte Wort haben?

*******

In meinem Bereitschaftsraum umfängt mich eine wohltuende Ruhe. Kein Gesang, keine Jubelschreie. Nur ich und mein Kaffee.

"Kaffee, schwarz! "

"Befehl nicht ausführbar" läßt mich mein Replikator wissen.

Was soll das denn heißen? Macht er nun auch schon, was er will? Ich versuche es noch einmal. Mit dem gleichen Ergebnis. Kann es sein, daß ihn B’Elannas Basteleien ein wenig aus dem Gleichgewicht geworfen haben?
Nun gut, versuchen wir es halt anders. Ich gebe ihm meinen Kommandocode ein und das, was folgt, ist nun doch ein wenig verwirrend.

"Zugriff verweigert."

Das ist ja mal etwas ganz Neues. Das er mir meinen Kaffee vorenthält, weil meine Replikatoreinheiten aufgebraucht sind, sehe ich ja noch ein. Das er mir manchmal lauwarmen Kaffee serviert - habe ich bisher auch noch hingenommen. Das er mir aber den Zugriff trotz meines Kommandocodes untersagt, finde ich nun allerdings überhaupt nicht mehr lustig.

"Computer, wieso wird mir der Zugriff verweigert? Auf die Erklärung bin ich nun wirklich gespannt."

"Dieser Kommandocode wurde gesperrt!"

Jetzt reicht es aber langsam. Wenn das ein Scherz sein soll, dann aber ein sehr bösartiger.

"Computer, durch wen wurde dieser Code gesperrt? Und wann?"
"Dieser Kommandocode wurde vor siebenundvierzig Minuten durch Commander Chakotay gesperrt."

Nun wird mir alles klar. Sein hinterhältiges Grinsen - er hat gewußt, was mich beim Doktor erwartet. Er, dem ich am meisten vertraue, dem ich Gefühle entgegenbringe, die weit über Freundschaft hinausgehen. Dieser Mann schmiedet hinter meinen Rücken ein Komplott mit dem Doktor. Alles hätte ich von ihm erwartet, nur das nicht. Aber wenn er glaubt, daß er mich in irgendeiner Weise daran hindern kann, an meinen Kaffee zu kommen, dann hat er sich aber getäuscht. Er sollte eigentlich wissen, daß ich im Notfall sehr erfinderisch sein kann.
Na warte, Chakotay - du wirst noch dein blaues Wunder erleben.

*******

Auf der Brücke herrscht immer noch die gleiche Lautstärke wie vor einer Stunde, als ich sie verlassen habe. Chakotay grinst mich an, als ich mich in meinen Sessel fallen lasse. Wenn er denkt, daß ich auch nur einen Ton zu seiner Aktion sage - nun, darauf kann er warten, bis er schwarz wird.

"Gab es irgend etwas Besonderes beim Doktor?"

Oh, wie scheinheilig. Als ob er nicht genau wüßte, um was es ging.

"Nein, nichts Besonderes. Der Doktor hat nur wieder einmal das anregende Gespräch mit seinen Captain gesucht."

"Dann ist ja alles in Ordnung."

Nichts ist in Ordnung. Ich will meinen Kaffee und wenn er nicht bald mit diesem unverschämten Grinsen aufhört, dann...

*******

Fünf Stunden sind nun vergangen, seit ich meinen letzten Kaffee genießen durfte. Das Kribbeln, das sich in mir ausbreitetet, sagt mir, daß jede Faser meines Körpers nach einem Kaffee verlangt. Allerdings bin ich diesem Ziel noch keinen Schritt näher gekommen. Chakotay hat es sich netterweise nicht nehmen lassen, auch den Replikator in meinem Quartier für einen eventuellen Kaffeezugriff außer Gefecht zu setzen. Dafür habe ich nun zehn neue Teesorten im Programm. Was, bitte schön, soll ich mit so viel Tee?

Auch der Versuch beim Abendessen, welches ich in Chakotays Gegenwart genießen darf, zu meinem wohlverdienten Kaffee zu kommen, scheitert kläglich. Bevor ich nur in die Nähe einer gutgefüllten Kaffeekanne kommen kann, werde ich weitab von dieser in eine Ecke plaziert. Nur allein schon dieser Kaffeeduft, der sich im Kasino ausgebreitet hat, machte mich fast wahnsinnig.
Grinsend stellt Chakotay eine Tasse vor mich hin. Aber der undefinierbare Geruch, der mir entgegen schlägt, sagt mir, daß dies alles Mögliche ist, nur kein Kaffee. Also schön, Augen zu und durch.
Ich weiß schon, wie ich an meinen Kaffee komme - diesmal allerdings ohne Begleitung.

*******

Stille umfängt mich, als ich zu später Stunde das Kasino betrete. Ich weiß, daß Neelix immer noch eine vorbereite Kanne Kaffee für die Nachtschicht stehen hat. Nur, daß diese jetzt mir gehört. Ich weiß, es ist unfair gegenüber meiner Crew. Aber, wer braucht den Kaffee dringender - sie oder ich?

Und da steht sie auch schon. Groß, glänzend und wie es scheint, hat sie nur auf mein Erscheinen gewartet. Nun Chakotay, deine Aufmerksamkeit scheint ein wenig nachzulassen. Wie ein Dieb in dunkler Nacht schleiche ich mich heran. Doch ehe ich noch die Hand nach ihr ausstrecken kann, bin ich mit einem Mal von einem ohrenbetäubenden Sirenengeheul umgeben. Was hat das zu bedeuten? Und vor allem, wie stellt man diesen Lärm wieder ab? Gerade als ich dem Computer den erlösenden Befehl geben will, herrscht wieder Stille.

"Na Kathryn, suchen Sie was?" höre ich Chakotays Stimme direkt hinter mir. Erschrocken drehe ich mich um.

Da steht er, lächelt mich freundlich an und tut so, als sei er sich keiner Schuld bewußt.
Verdammt, er hat mich reingelegt. Er wußte, daß ich nichts unversucht lassen würde, um an meinen Kaffee zu kommen.

"Was machen Sie denn hier? War das Ihr kleines Meisterwerk?" Ich bin wütend. Verdammt wütend.

"Sagen wir mal, ich habe damit gerechnet, daß Sie so etwas in der Art versuchen würden. Aber seien Sie unbesorgt, Kathryn. Niemand außer mir hat von Ihrem nächtlichen Streifzug etwas mitbekommen."

Wie es aussieht, habe ich ihn unterschätzt. So langsam müßte ich ja wissen, daß er eine Art siebten Sinn hat, wenn es um meine Person geht. Bisher fand ich es immer recht angenehm, aber im Moment...würde ich sagen, wirkt es sich sehr negativ auf mein persönliches Wohlbefinden aus.
Aber es gibt ja noch andere Optionen. Nun, für heute bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als auf meinen Kaffee gänzlich zu verzichten und zu Bett zu gehen. Morgen ist ja auch noch ein Tag.
"Ich gehe schlafen" knurre ich Chakotay entgegen.

Wütend begebe ich mich Richtung Ausgang, begleitet von dem fröhlichen Lachen Chakotays und seinem Zuruf "Träumen Sie etwas Schönes."

*******

Kaffee - das ist mein erster Gedanke, als ich mein Quartier eine halbe Stunde vor Dienstbeginn verlasse. Chakotay hat heute dienstfrei und ich kann nur hoffen, daß er sich noch im Land der Träume befindet. Denn dann steht meinem Kaffee nichts mehr im Wege.
Lächelnd betrete ich das Kasino. Es ist recht leer und nach einem prüfenden Blick durch den Raum kann ich befreiend aufatmen. Kein Chakotay, kein Aufpasser - Kaffee, ich komme.

"Guten Morgen, Captain" erklingt Neelix fröhliche Stimme neben mir. "Was hätten Sie gerne zum Frühstück?"

Was ich gern zum Frühstück hätte? Kaffee, Kaffee schreit es in mir. Alles andere ist Nebensache.

"Eine große Tasse schwarzen Kaffee!" Oder auch zwei.

"Ähm, Captain, ich glaube, da gibt es ein kleines Problem."

Wieso gehen mit einem Mal alle Alarmglocken in mir los? Sollte Chakotay etwa...?

"Was für ein Problem, Neelix?" Drohend schaue ich ihn an.

"Wie es scheint, haben Sie mein gestriges Briefing nicht gesehen, oder?"

Neelix Briefing? Das habe ich doch gestern abend glatt weg vergessen. Und wessen Schuld ist das? Natürlich Chakotays.

"Neelix, raus mit der Sprache. Was ist los?"

Wie es scheint, fühlt er sich doch nicht ganz wohl in seiner Haut. Was hat Chakotay nun wieder angestellt?

"Nun, der Commander hat gestern nur ganz kurz in meinem Briefing verlauten lassen, daß für Sie die nächsten zwei Wochen Kaffeesperre angeordnet ist. Wer Ihnen dennoch heimlich Kaffee zuschanzt, darf für die nächsten drei Tage Einzelhaft genießen. Es tut mir leid Captain. Sie wissen, ich würde alles für Sie tun. Aber... ich will nicht in den Arrest!"

Entschuldigend schaut er mich an.
Chakotay, du Schuft. Irgendwann zahle ich dir dies heim.
Nun, einen aus der Crew um einen Kaffee zu bitten - diese Option kann ich nun als abgehakt betrachten. Aber so leicht gebe ich nicht auf. Irgendwie muß es doch auf diesem verdammten Schiff eine Möglichkeiten geben, an meinen Kaffee zu kommen.
Mit einem Mal fällt mir etwas ein. Es gibt etwas, an das ich bisher überhaupt noch nicht gedacht habe. Ohne ein Wort verlasse ich das Kasino und begebe mich in meinen Bereitschaftsraum.

*******

Irgendwo muß es doch sein. Ich habe bereits meinen ganzen Raum auf den Kopf gestellt. Nichts, absolut nichts. Dabei weiß ich doch, daß hier irgendwo meine alte Kaffeemaschine versteckt sein muß, plus einer Dose Kaffeepulver, sozusagen meine heimliche Reserve für schlechten Zeiten. Und diese schlechten Zeiten sind seit gestern angebrochen. Ich durchsuche noch einmal alle Ecken. Aber sie bleibt wie vom Erdboden verschwunden. Frustriert lasse ich mich auf die Couch fallen. Und nun? Optionen?
Das Türsignal reißt mich aus meinen Überlegungen. Wer immer es auch ist, möge im Moment hoffentlich keine großartigen Entscheidungen von mir erwarten. Derzeit habe ich ein ganz anderes Problem.

"Herein." Ich weiß, es klingt nicht besonders freundlich, aber das ist mir egal.

"Guten Morgen, Kathryn. Hatten Sie eine angenehme Nacht?"

Chakotay! Ich hätte es wissen müssen. Aber was tut er hier? Ich denke, er hat frei?

"Chakotay? Was kann ich für Sie an Ihrem dienstfreien Tag tun?"

Wenn er sich nicht bald dieses hinterhältige Grinsen aus dem Gesicht wischt, bin ich wahrscheinlich zu Dingen fähig, die ich unter normalen Umstände niemals tun würde.

"Oh, eigentlich nichts. Ich wollte mich nur vergewissern, daß es Ihnen gut geht."

Dieser Heuchler! Er will nur sehen, wie ich langsam aber sicher durchdrehe.

"Mir geht es bestens. Danke der Nachfrage." Glaubt er allen Ernstes, daß ich zugebe, wie mies es mir ohne meinen Kaffee geht? Darauf kann er lange warten.

"Kathryn, es sieht ein wenig... chaotisch aus in Ihrem Raum. Haben Sie etwas verloren?"

Wenn er nicht bald das Weite sucht, bringe ich ihn um. Langsam beschleicht mich der Verdacht, daß er sich an meiner Kaffeemaschine vergriffen hat. Aber, woher sollte er wissen, daß ich so etwas überhaupt besitze? Ich habe es niemals erwähnt. Oder?

"Chakotay" und meine Stimme klingt zuckersüß, "wenn es nichts weiter gibt, wünsche ich Ihnen einen angenehmen freien Tag."

Endlich begibt er sich wieder Richtung Tür und läßt mich in Frieden.

"Ach Kathryn, wenn Sie Ihre Kaffeemaschine vermissen, die befindet sich bei mir in guten Händen."

Ich habe es doch gewußt! Mein gezielt geworfenes PADD verfehlt leider um Haaresbreite seinen gut gebauten Oberkörper.

*******

Mist, verdammter Mist. Es ist bereits Mittag und von meinem Kaffee fehlt bisher jede Spur. Ich will meinen Kaffee, auf der Stelle. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen.
Stehlen - warum bin ich nicht eher auf diese Idee gekommen. Das zu tun, widerstrebt mir eigentlich, aber wie es scheint, ist dies meine wahrscheinlich letzte Chance. Nun gilt es nur noch herauszufinden, wie sich mein selbsternannter Wachhund im Moment befindet. Nur sollte ich dies lieber nicht auf der Brücke tun. Wie heißt es immer so schön? Feind hört mit - und im Moment traue ich in dieser Beziehung keinen an Bord. Also übergebe ich die Brücke Tuvok, es ist ja eh nichts los und begebe mich in Richtung der Quartiere. Der Computer hat mir freundlicherweise Chakotays Aufenthaltsort mitgeteilt, so das ich derzeit nichts zu befürchten habe.

So weit so gut. Sein Quartier habe ich unbehelligt erreicht. Jetzt gilt es, nur noch den Replikator zu überlisten und meinem wohlverdienten Kaffee steht nichts mehr im Wege. Fünf Minuten geistige Arbeit und ein paar Überbrückungscodes... und endlich - endlich halte ich meinen heißgeliebten Kaffee in den Händen. Zufrieden sinke ich auf die Couch und atme tief das so lang entbehrte, für mich lebenswichtige Aroma ein. Ich habe das Gefühl, nicht nur einen Tag, sondern ein Jahr von meinem Kaffee getrennt gewesen zu sein. Nur gut, daß Chakotay nicht auf die Idee gekommen ist, auch aus seinem Replikator den Kaffee zu entfernen. Wahrscheinlich war er sich sicher, daß ich zu solch einer Tat nicht fähig wäre. Welch Irrglaube.
Ein Geräusch läßt mich aus meinem Sinnestaumel aufschrecken. Was war das? Entsetzt stelle ich fest, daß ich über das Wiedersehen mit meinem Kaffee total die Zeit vergessen habe.

"Ich hoffe, Sie genießen Ihren Kaffee?" höre ich die belustigt klingende Stimme Chakotays.

Ich spüre die Hitze, die in mir aufsteigt. Und nun? Leider fällt mir keine passende Ausrede ein, mit der ich das unbefugte Eindringen in seinem Quartier rechtfertigen könnte. Außerdem wäre es auch sinnlos. Halte ich doch das Objekt meiner Begierde in den Händen.

"Chakotay" versuche ich es mit schmeichelnder Stimme, "es tut mir leid, aber, ..."

Sein Blick. Er ist so intensiv, daß mir einfach die Worte steckenbleiben. Etwas liegt darin, was ich nicht genau deuten kann.

"Kathryn, ich habe gewußt, daß Sie es keine vierundzwanzig Stunden ohne Ihr Gebräu aushalten und letztendlich auf der Suche nach Ihrem Koffeinschub auch vor meinem Quartier nicht Halt machen würden."

Ungläubig schaue ich ihn an. Wie es scheint, hat er immer im voraus geahnt, was ich als nächstes planen würde und war mir so immer einen Schritt voraus. Ich gebe zu, er kennt mich besser, als sonst jemand an Bord.
Vielleicht, wenn ich ihn ganz nett bitte, überzeugt er dann den Doktor, so das ich meinen Kaffee auch weiterhin unbeschwert genießen darf. Er bräuchte ja nur zu erklären, daß ich auf Grund von Koffeinmangel zu unüberlegten Handlungen fähig bin. Ein, wie ich finde, sehr triftiger Grund.

"In Ordnung, Chakotay. Ich gebe es zu. Ich bin süchtig nach meinem Kaffee. Zufrieden? Ich brauche ihn, wie... "

Ja, wie? Eigentlich fast genau so, wie ich ihn brauche. Aber halt nur fast. Was hält mich aber immer noch zurück, dies endlich vor ihm zuzugeben? Angst, die Crew würde es nicht akzeptieren, mir nicht mehr den bisherigen Respekt entgegenbringen? Nein, daß dies völlig unbegründet ist, weiß ich schon lange.
Ich schaue ihn an und in seinem Blick spiegelt sich all das wieder, was ich mir im Geheimen wünsche. Das sind die Momente, wo ich am liebsten in seinen Armen liegen würde. Wenn er mir nur noch einen kleinen Schritt entgegen käme...

"Chakotay", flehend schaue ich ihn an. "Könnten Sie vielleicht beim Doktor ein gutes Wort für mich einlegen? Bitte! Ich mache es auch in irgend einer Weise wieder bei Ihnen gut."

Oh, verdammt. Genau das waren die falschen Worte.
Als er langsam auf mich zukommt, ahne ich schon, daß er nun nicht mehr so ohne weiteres bereit ist, auf meine Bitte einzugehen.

"Kathryn, ich könnte mit dem Doktor reden, aber..."

Ich spüre, wie sich bei diesem "aber" meine Nackenhaare aufrichten. Das was jetzt kommt, habe ich mir wohl selbst eingebrockt.

"Nun, bevor ich Ihnen zu Ihrem heißgeliebten Kaffee verhelfe und da Sie es mir eben auf so wunderbare Weise angeboten haben, wüßte ich schon, wie Sie sich für meine aufopfernde Hilfe erkenntlich zeigen könnten."

Ich hab’s gewußt. Dieses geheimnisvolle Lächeln. Was hat er vor? Fragend schaue ich ihn an.

Doch er läßt mich zappeln. Minutenlang lächelt er mich an, sagt keinen Ton. Ich spüre, daß mich so langsam meine Geduld verläßt. Wenn er jetzt nicht langsam mit der Sprache rausrückt...

"Es ist nicht viel, um was ich Sie bitte."

Wieso glaube ich ihm das nicht ganz.

"Chakotay, nun sagen Sie schon!"

"Ich weiß, Sie wollen es nicht hören, aber es wäre schön, wenn Sie sich ab und zu einmal an die Anweisungen unseres Doktors halten."

Was soll ich dazu sagen? Versuchen kann ich es ja - aber versprechen? Das nun wieder nicht.

"Das wir mehr Zeit miteinander verbringen, nicht immer nur die wenigen Stunden, sondern..."

Ach Chakotay, nichts lieber als das.

"...sondern in Form einer festen Beziehung, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen."

Kann es sein, daß das kurzzeitige Aussetzen meiner täglichen Kaffeedosis nachhaltige Auswirkungen auf meine Aufnahmefähigkeit hat? Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Chakotays Worte richtig verstanden habe.

"Chakotay, könnten Sie bitte..."

"Du hast mich schon richtig verstanden, Kathryn."

Ich schaue ihn an und all seine tiefen Gefühle, die er mir entgegenbringt, spiegeln sich in seinem Gesicht wieder.
Ist dies nicht genau das, was ich mir in meinen Träumen immer wieder gewünscht habe? Ein gemeinsames Leben mit ihm an Bord und in der Heimat, die wir eines Tages, das weiß ich genau, wiedersehen werden?
Langsam gehe ich auf ihn zu, streiche ihm zärtlich über das Gesicht. Ich bin im Moment nicht fähig, die richtigen Worten zu finden. Aber das brauche ich auch nicht. Ich weiß, er versteht, was ich mit der Geste zum Ausdruck bringen will. Wir haben nie viele Worte gebraucht, um zu wissen, was der andere denkt und fühlt. Und ich hoffe, daß sich dies niemals ändern wird.
Ich spüre, wie sich seine Arme um mich legen, mich festhalten, als wenn sie mich niemals mehr loslassen wollten.
Und doch - es gibt im Moment noch etwas, was ich ebenso sehr brauche wie ihn.
Lächeln schaue ich ihn an und weiß, daß er mir es nicht abschlagen kann.

"Chakotay, bekomme ich noch einen Kaffee?"

-Ende-

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